Regelmäßig lese ich, dass Hersteller von allem möglichen heutzutage zu faul seien ein Produkt fertig zu entwickeln. Es lieber vorzeitig auf den Markt werfen um schneller Geld zu verdienen.
Das ist sicherlich nicht komplett falsch, aber die ganze Wahrheit ist es auch nicht.
Wenn man Produkte von heute mit denen von vor 50 bis 100 Jahren vergleicht ist vor allem auffällig, dass die Produkte von damals lange nicht so komplex waren. Entsprechend war es damals auch deutlich einfacher "alles" zu testen und auszuprobieren.
Da ist auch der Übergang zu einem weiteren Punkt recht auffällig: Mit zunehmender Komplexität gibt es immer mehr Möglichkeiten, wie ein Kunde ein Produkt nutzen könnte. Wie er es intuitiv versteht und was er in seinem Alltag damit macht.
Als Betreiber von smart EMOTION staune ich selbst gerne mal, wie Leute mit einem Auto umgehen. Was für gute Ideen sie haben und wo sie Dinge schlichtweg nicht richtig verstehen. Aber natürlich auch, wie ausgeprägt oder auch überhaupt nicht, ein bestimmtes Feature genutzt wird.
Das sind dann alles Fälle, in denen der Hersteller nachhaken muss. Entweder indem er den Fehler behebt oder den Kunden besser führt. Aber es ist einem Testfahrer beispielsweise unmöglich zu denken wie der ältere Herr von gegenüber, welcher seinen Hund überall hin mit nimmt. Oder auch zu denken wie der gestresste Unternehmer, welcher eben vergessen hat die Tür richtig zu zu machen.
Auf all diese Eventualitäten eingehen kann im Voraus keiner. Vor allem, weil man nicht auf die unendliche Stückzahl an Kombinationen und Situationen kommen kann. Zumal es gerade bei Autos so ist, dass diese unheimlich komplizierte Maschinen sind. Die müssen auf der ganzen Welt funktionieren, sie müssen sicher sein, sie sollen komfortabel sein und fahren müssen sie auch noch können. Außerdem wäre es ganz schlecht, wenn sie undicht sind oder nach ein paar 10.000 km schon kaputt gehen.
Die Aufgabe des Herstellers ist es gerade nach dem Verkaufsstart zu beobachten was die Kunden mit dem Produkt machen und möglichst schnell auf Rückmeldungen einzugehen.
In meinen Augen ist es eine gute Sache, dass Produkte in den Händen der Kunden noch nachreifen. Speziell in Sachen Software hat das ungemeine Vorteile. Wenn früher das Navi bei Auslieferung nichts getaugt hatte, dann war das ein Autoleben lang nutzlos. Oder wenn es einen Bug gab, mit dem man ein Auto super einfach klauen konnte. Dann musste das Auto zurück in die Werkstatt.
Heute kann man davon ausgehen, dass es eine Frage von Monaten ist, dann gibt es ein Update und das Auto hat noch mehr Nutzen als beim Kauf. Beispielsweise im Fall des Model S von Tesla hatten wir sogar schon das Glück, dass wir nach 2-3 Jahren plötzlich mehr Ladeleistung bekommen hatten. Von 125 kW hoch auf 145 kW.
Auch hat dieses "Nachreifen", speziell in der Software, den Vorteil, dass man ganz neue Features bekommen kann. Plötzlich kann ich mein Kind im Auto sitzen lassen, während ich einkaufen gehe. Weil es einen eigenen Klimaanlagen-Modus dafür gibt. Und nachdem Kunden vorgeschlagen haben, dass man die Kameras für den Autopilot auch als Dashcam nutzen kann, kommt das irgendwann per Update.
Eine Kombination unterschiedlicher Dinge im Auto, auf die Kunden teilweise schneller kommen als Hersteller. Da die Hersteller teilweise den Wald vorlauter Bäumen nichtmehr sehen.
Früher musste man für solche Verbesserungen sein Auto verkaufen und ein neues kaufen. Das es heute nichtmehr so ist, ist durchaus etwas sehr angenehmes und spart so manchem durchaus richtig Geld.
Natürlich nervt es, wenn man hier oder da einen Fehler findet. Wenn einen das besonders stört, sollte man vielleicht nicht direkt zum Marktstart kaufen. Gerade in den ersten 12 Monaten passiert normal sehr viel. Man kann ein Produkt auch noch gut nach 6-12 Monaten kaufen.
Dann sind die größten Themen beseitigt und man hat ein rundum besseres Produkt. Oder man kauft es sofort und ist eben etwas geduldig.
Dieser Post war ursprünglich für meinen privaten Twitter und Linkedin Account geschrieben worden. Anschließend habe ich ihn auch hier veröffentlicht, um ihn nicht in den Tiefen von SocialMedia untergehen zu lassen. Außerdem möchte ich bei so mancher These und Gedankengang auch selbst in 10 Jahren noch gucken können, wie meine Aussagen dazu gealtert sind.
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